Die lautstarke Minderheit - Der russische Fuball hat ein 11FREUNDE
Es sind noch fünf Jahre bis zur Fußball-WM 2018, doch Russland macht sich schon heute bereit für das sportliche Großereignis. Während sich in Kasan und im tschetschenischen Grosny die Fans schon heute an neuen Fußballarenen erfreuen können, wird in anderen Städten mit aller Kraft an wahren Sporttempeln gearbeitet. Allein in Moskau entstehen momentan drei Stadien, gegen die so manche Bundesligaspielstätte wie ein Provinzsportplatz aussehen wird.
Über der glänzenden Fassade des russischen Fußballs hängt jedoch ein Schatten. Vor allem dunkelhäutige Fußballstars blicken skeptisch Richtung WM 2018. „Wenn wir uns bei der WM nicht sicher fühlen, kommen wir nicht nach Russland“, erklärte Ende Oktober der ivorische Nationalspieler Yaya Toure. Wenige Tage zuvor wurde der 30-jährige Manchester City-Profi beim Champions League-Spiel gegen ZSKA Moskau von russischen Fans rassistisch beleidigt. Ein Vorfall, für den die UEFA den russischen Spitzenklub mit einem Teilausschluss des Publikums für die morgige Partie gegen Bayern München sanktionierte.
„Rechtsradikalismus ist Teil der Ultra-Szene“
Ob diese Strafe zu einem schnellen Umdenken innerhalb der russischen Fanszene führen wird, darf jedoch bezweifelt werden. „Das größte Problem ist, dass rechtsradikale und rassistische Ansichten mittlerweile ein fester Bestandteil der Ultra-Szene sind, die in den Stadien eine lautstarke Minderheit darstellt“, sagt Pawel Klymenko vom Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE). Bestätigt wird diese Aussage durch eine lange Liste von Negativbeispielen der letzten Jahre. Bei seinem einjährigen Gastspiel bei Anschi Machatschkala wurde der brasilianische Weltmeister Roberto Carlos zwei Mal mit Bananen beworfen. Landscrona, der größte Fanclub von Zenit St. Petersburg, sprach sich im Dezember 2012 in einem Manifest gegen homosexuelle und dunkelhäutige Spieler in den Reihen des UEFA-Cup-Siegers von 2008 aus. Wenige Monate zuvor verzichtete der französische Mittelfeldspieler Yann M’Vila aus Furcht vor den Fans auf einen Wechsel nach St. Petersburg.
Fratria wiederum, die größte Ultra-Gruppierung des russischen Rekordmeisters Spartak Moskau, feierte 2009 während eines Ligaspiels mit einem Hakenkreuzbanner und der Aufschrift „Herzlichen Glückwunsch, Opa“ den 120. Geburtstag Adolf Hitlers. Ein Jahr später lösten Spartak-Fans fremdenfeindliche Unruhen aus, die die russische Hauptstadt mehrere Tage lang in Atem hielten.
Jüngstes Beispiel in dieser langen Negativliste ist das Moskauer Derby vom vergangenen Samstag, bei dem ZSKA-Ultras die für Spartak spielenden armenischen Nationalspieler Aras Özbiliz und Yura Movsisyan mit fremdenfeindlichen Transparenten verunglimpften.
340.000 Euro Strafe für die Hakenkreuzflagge
Während bis vor einigen Jahren die russischen Fußballfunktionäre dem alltäglichen fremdenfeindlichen Treiben in den Kurven relativ gleichgültig gegenüberstanden, scheint die Gefahr, die von den Negativschlagzeilen für den russischen Fußball ausgeht, mittlerweile erkannt worden zu sein. Der Fußballverband RFS hat vor einiger Zeit begonnen, die Vereine und ihre Fans für rassistische Ausfälle zu bestrafen. Und auch die Clubs versuchen mit unterschiedlichen Methoden Einfluss auf die Fans zu nehmen. Während Zenit St. Petersburg, wo bis 2012 keine farbigen Profis verpflichtet wurden, auf seiner Internetseite für Toleranz gegenüber nicht-europäischen Profis wirbt, versucht Spartak Moskau seine rassistischen Anhänger mit Abschreckungsmaßnahmen zu erziehen. Eine Schadenersatzklage von umgerechnet 340.000 Euro drohte der Traditionsverein jüngst jenen Fans an, die beim Pokalspiel gegen Schinnik Jaroslawl am 31. Oktober eine Hakenkreuzflagge hochhielten.
Doch auch wenn diese Maßnahmen ein richtiger Anfang sind, so haben sie bis jetzt nur einen halbherzigen Charakter, wie russische Reaktionen auf den Skandal um Yaya Toure zeigen. Während ZSKA Moskau in mehreren Stellungnahmen den Ivorer der Lüge bezichtigte, vermutete Russlands Nationaltrainer Fabio Capello gleich „einen Block der Gegner Russlands“ hinter den Rassismusvorwürfen.
Eine Aussage, die sicherlich Alexander Schprygin gefallen haben dürfte. Dieser ist Präsidiumsmitglied des Russischen Fußballverbandes und Vorsitzender des Dachverbands russischer Fußballfans. Posten, die Schprygin selbst dann nicht aufgeben musste, als im Internet Fotos auftauchten, die ihn mit einem zum Hitlergruß erhobenen Arm zeigen.
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